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Re: Unfug
Autor:Rolf Keller
Datum: Mi, 29.08.2007, 17:31
Antwort auf: Re: Unfug (Olsen)

> Der Nutzen einer Orientierungshilfe in den Verästelungen der
> Orthographie dürfte kaum jemals bezweifelt worden sein.

Oh doch, er wird mancherorts lauthals bezweifelt. Oft genug lautet das Credo: "Ist doch egal, es kommt nur auf den Inhalt an. Wer über Rechtschreibfehler spricht, ist ein verachtenswürdiger, reaktionärer Oberlehrer oder Korinthenkacker!"

Wenn man mal in anderen Foren mitliest, weiß man das. Und da schreiben nicht nur Leutchen so, die die Hauptschule mit Klasse 6 abgeschlossen haben, da schreiben auch Akademiker so.

> Wer nicht liest, lernt auch nicht rechtschreiben.

Richtig. Und er lernt nicht in abstrakten Kategorien zu denken, sodass er große Bereiche der modernen, komplexen Alltagswelt niemals verstehen kann.

> Es geht um den Anspruch auf kulturelle Identität. Dies
> als Stammtischgelaber abzutun, ist oberflächlich und dumm.

Leider sprechen die Tatsachen eine ganz andere Sprache. Die RS-Reform wurde erst etliche Jahre nach ihrer Festschreibung plötzlich durch die Massenmedien zum Thema gemacht. Diese Medien drücken doch immer irgendetwas ins Licht der Öffentlichkeit, und wenn das Thema ausgelutscht ist, suchen sie sich ein neues. Schreibt irgendeine Zeitung noch vom Waldsterben? Nein. Hat sich beim Waldsterben viel geändert? Nein. Was in der Öffentlichkeit diskutiert wird und was nicht, das hängt überhaupt nicht von der Relevanz des Themas selbst ab - es ist nur Medientheater, auf Quote abzielend.

So, und was passierte nun, nachdem die Medien sich auf das Thema RS-Reform gestürzt hatten? Da durften endlich mal Leute, die sonst nichts zu sagen hatten, den Mund aufmachen, kluge Reden schwingen und gegen "die da oben" wettern: "Ich als Grundschullehrer bin der Meinung ..." Ernst nehmen konnte man von denen kaum einen, denn sie haben in ihren Kritiken immer wieder gezeigt, dass sie weder über die alte noch über die neue Rechtschreibung Bescheid wussten. Und die, die am wenigsten darüber wussten, konnten immer noch auf "Känguru(h) hinweisen - als ob sie dieses Wort täglich schreiben würden und auch sicher wüssten, wie es früher geschrieben wurde. Das nenne ich Stammtischgeschwafel. (Hätte der Spiegel einen Artikel veröffentlicht, in dem gestanden hätte, nach der Reform müsse man "gar nicht" statt "garnicht" schreiben, und das sei doch dumm, dann wären sehr viele Leserbriefschreiber auch dieser Meinung gewesen. Wetten?)

Wenn du Gelegenheit hast, sieh dir mal einen Stapel Bewerbungen von Pädagogen an, die sie VOR der RS-Reform geschrieben haben. Manche von denen konnten ja nicht einmal ihren eigenen Titel richtig buchstabieren. Und weniger als 20 % schafften es, auch nur eine halbe Seite ohne grobe Fehler zu schreiben. Dabei muss man ja sogar davon ausgehen, dass Bewerbungen fehlerfreier sind als normale Texte. Heute ist die Situation auch nicht besser, nur hat man heute die Entschuldigung, es läge an der dummen Reform.

Wenn solche Leutchen nun in Leserbriefen und Talkshows gegen die RS-Reform gewettert haben, da hatten die nicht Angst vor dem Verlust irgendeiner Kultur. Nein, die haben einfach nur die Selbstüberschätzung ihres Urteilsvermögens öffentlich gemacht. "Rufen Sie uns im Sender an und sagen Sie uns, ob Sie für oder gegen ein Tempolimit sind. Ihre Meinung zählt!" - dem sogenannten mündigen Bürger wird eingeredet, er wisse irgendetwas über dieses schwierige Thema.

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Beiträge zu diesem Thema

Unfug
blöd -- Dienstag, 28.8.2007, 11:15
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Rolf Keller -- Dienstag, 28.8.2007, 11:57
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PaulW -- Dienstag, 28.8.2007, 14:14
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Rolf Keller -- Dienstag, 28.8.2007, 15:06
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Rolf Keller -- Mittwoch, 29.8.2007, 17:31
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Schriftsteller und Sprache
Julian von Heyl -- Donnerstag, 30.8.2007, 12:51
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Olsen -- Donnerstag, 30.8.2007, 13:13
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Rolf Landolt -- Sonntag, 2.9.2007, 16:41
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Rolf Landolt -- Sonntag, 2.9.2007, 17:14
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Olsen -- Dienstag, 28.8.2007, 14:25
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Rolf Keller -- Dienstag, 28.8.2007, 14:35