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Re: Komma?
Autor:Pumene
Datum: Mi, 17.02.2021, 09:56
Antwort auf: Re: Komma? (Vollprofi)

> Richtig, Haniball, das war ein Lapsus meinerseits.

> ... für Magdalena als an Anorexie Erkrankte

> ... für Magdalena als eine an Anorexie Erkrankte

Du gibst ja schnell auf, Vollprofi,

der Dativ ist doch für Appositionen normal!

https://grammatikfragen.de/showthread.php?507-als-Apposition-und-Dativ-als-quot-Normalkasus-quot

als-Apposition und Dativ als "Normalkasus"
Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Beim Selbststudium mit "Leitfaden der deutschen Grammatik" (Helbig/Buscha)

Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
www.grammatikfragen.de

Seite 110 lese ich: "Die Personalpronomina der 1. und 2. Person sind das einzige adäquate Bezeichnungsmittel für die sprechende und angesprochene Person (bzw. Personengruppe) als den obligatorischen Partnern jeder sprachlicher Kommunikation".

(1) für die sprenchende [...] Person : Akkusativ nach der Präposition "für"
(2) als : Konjunktion
(3) den obligatorischen Partnern : Dativ ("Normalkasus"); als-Apposition zu (1)
(4) die obligatorischen Partner : Apposition im Akkusativ (Kongruenz) zu (1)

Könnte die Tatsache, dass hier der Dativ als "Normalkasus" dem Akkusativ (Regel: die Apposition steht im gleichen Kasus) bevorzugt wurde, darauf zurückzuführen sein, dass der Akkusativ sich morphologisch mit dem Nominativ deckt, so dass die "Kongruenz" nicht mehr deutlich als solche erkennbar wäre?
Woher kommt die Bezeichnung "Normalkasus", wo es sich doch um Ausnahmen handelt?

Mit freundlichen Grüßen
Michel Soumillion

Dativ als "Normalkasus"
Lieber Herr Soumillion,

das ist eine sehr interessante Frage, die wir leider nicht eindeutig beantworten können.
Die Bezeichnung 'Normalkasus' haben wir aus der Dudengrammatik übernommen (§ 1553 zur Kongruenz von lockeren Appositionen). Die Tatsache, dass die Autoren der Dudengrammatik von "Normalkasus" in Anführungsstrichen sprechen, deutet u.E. eher darauf hin, dass es eine ad-hoc-Verwendung ist. Uns ist der Terminus zumindest auch nicht aus anderen Quellen/Kontexten geläufig.

Das Phänomen dagegen wäre eine genauere Untersuchung wert. Wir haben bei der Beantwortung der Grammatikfragen schon in verschiedenen Kontexten den Eindruck gewonnen, dass der Dativ im Sprachgebrauch tatsächlich eine sehr allgemeine Funktion der Markierung von Zusammenhängen übernimmt. Dafür gibt es möglicherweise zwei Erklärungen:

1. Ihre Erklärung für das Beispiel aus Helbig/Buscha scheint uns durchaus plausibel: Das Flexionssystem im Gegenwartsdeutschen ist ja nicht mehr sehr stark ausdifferenziert. Der Dativ ist häufig noch relativ gut erkennbar und kann deshalb an solchen Stellen eine allgemeine Markierungsfunktion übernehmen, an denen andere Kasusendungen nicht eindeutig (= synkretistisch) sind. Gerade im vorliegenden Fall ist Ihre Erklärung, dass die Akkusativendung ja zu einer Verwechselung mit dem Nominativ führen könnte, sehr naheliegend.

2. In vielen Fällen haben wir auch den Eindruck, dass möglicherweise der Dativ dann bevorzugt als allgemeiner Abhängigkeitskasus verwendet wird, wenn die Satzkonstruktion aufgrund ihrer Komplexität für den Sprecher nicht mehr ganz überschaubar ist. Beispiel dafür sind:
http://www.grammatikfragen.de/showth...xid=apposition
http://www.grammatikfragen.de/showth...fixid=attribut
http://www.grammatikfragen.de/showth...oder-Akkusativ

3. Schließlich halten wir es auch nicht für ausgeschlossen, dass auf den Dativ ausgewichen wird, wenn der Genitiv möglicherweise hyperkorrekt wirken könnte, wie in folgendem Beispiel:
http://www.grammatikfragen.de/showth...xid=apposition

Angesichts der offensichtlichen Relevanz des Phänomens scheint uns die Redeweise vom "Normalkasus" durchaus sinnvoll zu sein.

Herzliche Grüße
Mathilde Hennig

https://blog.leo.org/2015/12/14/die-apposition-und-der-dativ/

Die Apposition und der Dativ
14. Dezember 2015 um 17:22 · Autor: Dr. Bopp

Es geht hier heute darum, dass bei nachgestellten näheren Bestimmungen häufig der Dativ anzutreffen ist, wo eigentlich ein anderer Fall stehen müsste.

Frage

Wie stehen Sie zu folgenden nicht kongruenten Dativ-Appositionen. Für mein Sprachgefühl klingen sie völlig korrekt, ja sogar besser als der formal korrekte kongruente Kasus:

Ich habe keine Entschuldigung für diese Niederlage, der höchsten seit 1984.
Wir bummelten über die Rue Saint Honoré, der ältesten Pariser Straße.
Ich sah in Richtung meines Chefs, dem größten Besserwisser überhaupt.

[…] Halten Sie bestimmte solcher Konstrukte für standardsprachlich? Oder ist das schlichtweg falsch?

Auf Ihrer Canoonet-Seite zu Appositionen wird nur der kongruente Kasus als korrekt bezeichnet. Mich würde auch interessieren, was Ihr persönliches Sprachgefühl zu den ersten beiden Beispielen sagt, unabhängig von formaler Korrektheit.

Antwort

Sehr geehrter Herr H.,

standardsprachlich stehen Appositionen (Substantive als nähere Bestimmungen) je nach ihrer Form im gleichen Fall wie das Bezugswort oder im Nominativ. Vor allem in der Umgebung des Genitivs, aber auch an anderen Stellen kommt wie in Ihren Beispielen der Dativ häufiger vor. Diese Verwendung des Dativs ist standardsprachlich (noch?) nicht akzeptiert. Ihre Beispiele gelten also standardsprachlich als nicht korrekt, denn es müsste richtig heißen:

Ich habe keine Entschuldigung für diese Niederlage, die höchste seit 1984.
Wir bummeln über die Rue Saint Honoré, die älteste Pariser Straße.
Ich sah in Richtung meines Chefs, des größten Besserwissers überhaupt.

Vgl. die Angaben zur Übereinstimmung im Kasus auf dieser Seite (insbesondere auch die standardsprachlich nicht korrekten Beispiele im Dativ).

Appositionen werden schon seit Längerem in dieser allgemeinen Weise in den Dativ gesetzt. Heinrich Bauer erwähnt dieses Phänomen bereits 1832 in einer Fußnote seiner Grammatik der neuhochdeutschen Sprache*. Die Tendenz, den Dativ als den allgemeinen Kasus der Apposition zu verwenden, hat sich seither weiter verbreitet, und zwar so stark, dass sie häufig gar nicht mehr allen auffällt. Doch auch heute ist diese Verwendung des Dativs wie schon zu Bauers Zeiten standardsprachlich (noch) nicht akzeptiert.

Mein persönliches Sprachgefühl ist in diesem Bereich übrigens nicht mehr sehr aussagekräftig. Durch das Zusammenstellen der Grammatik und die Beantwortung von Fragen zu diesem Thema kenne ich die Regel bewusst. Ich bin deshalb nicht mehr in der Lage, in diesem Bereich, in dem eine gewisse Unsicherheit herrscht, „spontan“ zu formulieren und zu analysieren.** Wir haben es hier mit einem Phänomen zu tun, in der sich die Sprache in eine andere Richtung zu entwickeln scheint, als die Regeln es vorschreiben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

* Bauer, H., 1832: Vollständige Grammatik der neuhochdeutschen Sprache. Bd. IV. Berlin 1832. S. 81.

** Vergleichen Sie es mit der persönlichen Beurteilung von wie in größer wie: Halten wir alle hier wie spontan für falsch, oder vermeiden wir es einfach nur deshalb, weil wir gelernt haben und wissen, dass es standardsprachlich nicht richtig ist? Es ist schwierig, diese Frage eindeutig zu beantworten.

Gruß

Pumene

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