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Re: Kommasetzung bei Nebensatzkonstruktion
Autor:Pumene
Datum: Mo, 25.04.2022, 21:48

> "Die Verwirklichung der Philosophie bedeutet aber letzten
> Endes, dass sie ihr jetziges Wesen verliert, reine Theorie zu
> sein, und sich in Praxis verwandelt."

> Ist das so korrekt?

Ja

> Wieso setzen in vergleichbaren Fällen
> schätzungsweise 90 % aller Schreiber (und zwar auch im
> akademischen Kontext) an dieser Stelle das Komma aber nicht?
> Weil sie irrtümlicherweise verinnerlicht haben, dass vor einem
> "und" kein Komma zu stehen hat?

Einen Nebensatz muss mach nach hinten immer mit einem Komma abschließen, selbst wenn ein „und“ folgt. Sonst weiß der Leser ja nicht, dass der nach dem „und“ folgende Text nicht mehr zum Nebensatz gehört.

Anders ist es bei einem „und“ vor einem Nebensatz.

Bei einer Satzreihe aus einem ersten Hauptsatz und einem nach dem „und“ folgenden Satzgefüge aus zu diesem zweiten Hauptsatz gehörigen vorangegangenen Nebensatz wird zwischen dem die Teile der Satzreihe verbindenden „und“ und der den Nebensatz einleitenden Subjunktion kein Komma gesetzt, weil das „und“ sozusagen die „vordere Grenze“ des Nebensatzes bildet und so ein Komma nicht nötig ist (und auch falsch wäre).*

Ähnlich bildet das „und“ (statt des Kommas) die „Grenze“ von Nebensätzen, wenn zwei gleichrangige Nebensätze mit „und“ (oder „oder“ usw.) verbunden sind oder wenn (§ 74 E 2) ein „Satzglied“ mit einem Nebensatz in einer Reihung mit „und“ verbunden ist (auch hier bildet das „und“ die „Grenze“ des Nebensatzes und ein Komma wäre falsch).

https://www.korrekturen.de/regelwerk/zeichensetzung2-1c.shtml

* Allenfalls wäre es möglich (und empfehlenswert), vor dem verbindenden „und“ (bei Hauptsätzen einer Satzreihe) ein Komma zu setzen („um die Gliederung deutlich zu machen“ (§ 73)).

> Deutlicher wird es
> auch, wenn man den Satzbau ein wenig anpasst:

> "Die Verwirklichung der Philosophie bedeutet aber letzten
> Endes, dass sie ihr jetziges Wesen, reine Theorie zu sein,
> verliert und sich in Praxis verwandelt."

Komma und „und“ sind zwar Alternativen bei einer Aufzählung, aber das von dir richtig geforderte Komma ist nicht wegen der Aufzählung zu setzen, sondern als Marker, dass die Infinitivgruppe („der Nebensatz zweiter Ordnung“) auch hinten begrenzt werden muss.

Gruß

Pumene

Ich schreibe diesen Beispielsatz, um das oben Geschriebene zu veranschaulichen, [Komma!, damit auf den ersten Blick erkennbar ist, dass das nach dem „und“ Folgende nicht mehr zum Nebensatz (Infinitivgruppe) gehört] und lasse einen zweiten Beispielsatz folgen.

Dieser zweite Beispielsatz folgt jetzt hier [Komma vor „und“ möglich, sogar empfehlenswert, „um die Gliederung deutlich zu machen“, aber nicht notwendig] und [Komma hier verboten!] weil dieser Nebensatz des Satzgefüges dem zweiten Hauptsatz der Satzreihe vorangestellt ist, ist ein Komma zwischen „und“ und „weil“ verboten, ein Komma vor dem „und“ zwar nicht nötig, aber möglich und sogar empfohlen, „um die Gliederung deutlich zu machen“.

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