Forum > Rechtschreibforum

Re: drum (ugs.)
Autor:volltoll
Datum: Mi, 10.08.2022, 21:28
Antwort auf: Re: drum (ugs.) (Pumene)

> Lieber volltoll

> Ich habe eine Anfrage an den Duden gestellt.

> Heute die Antwort. Der Duden beharrt auf Getrenntschreibung.

> Sehr geehrte. …,

> nachfolgend erhalten Sie die Antwort unserer Redaktion:

> "Vielen Dank für Ihre Nachricht.

> Tatsächlich darf „drum herum“ nur in zwei Wörtern geschrieben
> werden. Nur in substantivierter Form gilt die
> Zusammenschreibung: „das Drumherum“. In unserem Ratgeber ist uns
> hier leider ein Fehler unterlaufen, den wir bei einem künftigen
> Nachdruck korrigieren werden."

> Mit freundlichen Grüßen
> Ihr Duden-Kundenservice-Team

> Gruß

Hallo Pumene,

danke fürs Nachfragen.

Auch ich habe nachgefragt. Der Rat für deutsche Rechtschreibung, kurz Rechtschreibrat genannt, antwortet wie folgt (übrigens sehr ausführlich) und schließt die Zusammenschreibung nicht aus. Der Rechtschreibrat ist der Herausgeber des Amtlichen Regelwerks.

Ich zitiere:

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Dass Sie verunsichert sind und dass es so unterschiedliche Belege – auch fundierter Stellen – gibt, zeigt sehr klar, dass es sich hier um einen Zweifelsfall der deutschen Sprache handelt. Und wie in solchen Fällen häufig, gibt es tatsächlich zwei Deutungsmöglichkeiten.

Die Getrenntschreibung ist durchaus erklärbar, denn es handelt sich bei dem umgangssprachlichen Adverb „drum“ ja um eine verkürzte Form von „darum“. Und „darum herum“ wird ganz normal getrennt geschrieben, wie auch etwa „darüber hinaus“, was sich auch explizit im Amtlichen Regelwerk in § 39(2.1) findet. Wenn man dieser Lesart folgt, käme man zu einer Getrenntschreibung von „drum herum“:

Sie ging darum herum.

Sie ging drum herum.

Die Zusammenschreibung dagegen folgt dem Betonungsprinzip, das bei Univerbierung häufig zugrunde liegt. Im Rahmen des üblichen Sprachwandels kommt es nicht selten vor, dass Einheiten, die gemeinsam auftreten im Laufe der Zeit „zusammenwachsen“. So wird etwa auch das Adverb „andersherum“ zusammengeschrieben (auch im Duden-Wörterbuch!). Es wird dann also bei „drumherum“ in Zusammenschreibung von einem komplexeren (Pronominal)adverb ausgegangen und konsequenterweise zusammengeschrieben:

Sie ging drumherum.

Sie können das noch weiterdenken und die wiederum verkürzte Form „drumrum“ ansehen, die auch vorwiegend zusammengeschrieben wird (wenn sie denn überhaupt verschriftlicht wird)

Zur amtlichen Rechtschreibung: In Zweifelsfällen lässt das Amtliche Regelwerk häufig genau dann die Wahlfreiheit, wenn entweder nicht klar entschieden werden kann, ob es sich um eine idiomatisierte Form handelt oder nicht, oder wenn die Akzentplatzierung nicht eindeutig ist.

Bei Verben etwa heißt es explizit in § 34 E5:

„Lässt sich in einzelnen Fällen keine klare Entscheidung darüber treffen, ob eine idiomatisierte Gesamtbedeutung vorliegt, so bleibt es dem Schreibenden überlassen, getrennt oder zusammenzuschreiben.“

Und so wird es auch bei Adjektiven angewendet, etwa in § 36(2.2) des Amtlichen Regelwerks:

„In Zweifelsfällen entscheidet die Akzentplatzierung, vgl. er ist höchstpersönlich gekommen – das ist eine höchst persönliche Angelegenheit.

Das ist auch nur folgerichtig und könnte hier offensichtlich auch auf das Adverb anzuwenden sein, auch wenn dazu im Regelwerk ein Referenzparagraf fehlt. Allerdings handelt es sich auch um einen umgangssprachlichen Ausdruck und das Amtliche Regelwerk ist in erster Linie für standardsprachliche Schreibungen zuständig.

Fazit: Für beide Schreibungen, also drumherum und drum herum, lassen sich Argumente finden, und auch beide Schreibungen kommen in den Korpora vor. Die Recherche in unserem mehrere Milliarden Wörter enthaltenden Korpus ergab für die Jahre 1995–2020 eine Quote von 44 % Getrenntschreibung vs. 56 % Zusammenschreibung. Dabei haben wir nur Kleinschreibung berücksichtigt (um die Substantivierung zu ignorieren), alle Fälle mit direkt vorangehendem oder folgendem Verb ausgeschlossen und vorangehendes nicht ausgeschlossen (kommt meist mit reden, kommen etc. zusammen vor).

Weitere interessante Fälle, bei denen es zwei (korrekte) Möglichkeiten der Schreibung gibt (nun aber mit Verb), wären übrigens Gruppen wie „dort hingehen“ vs. „dorthin gehen“.

Mit freundlichen Grüßen
Anja Steinhauer

Dr. Anja Steinhauer
i. A. Geschäftsstelle des Rats für deutsche Rechtschreibung
Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS)
R 5, 6-13
68161 Mannheim

antworten


Beiträge zu diesem Thema

drum (ugs.)
volltoll -- Samstag, 16.7.2022, 14:18
Re: drum (ugs.)
Pumene -- Samstag, 16.7.2022, 19:09
Re: drum (ugs.)
Gernot Back -- Samstag, 16.7.2022, 20:03
Re: drum (ugs.)
volltoll -- Samstag, 16.7.2022, 23:05
Re: drum (ugs.)
Pumene -- Sonntag, 17.7.2022, 00:18
Re: drum (ugs.)
volltoll -- Sonntag, 17.7.2022, 00:44
Re: drum (ugs.)
Pumene -- Sonntag, 17.7.2022, 13:27
Re: drum (ugs.)
volltoll -- Sonntag, 17.7.2022, 15:55
Re: drum (ugs.)
Pumene -- Sonntag, 17.7.2022, 19:59
Re: drum (ugs.)
volltoll -- Sonntag, 17.7.2022, 21:15
Re: drum (ugs.)
Pumene -- Montag, 18.7.2022, 00:22
Re: drum (ugs.)
Pumene -- Mittwoch, 10.8.2022, 16:28
Re: drum (ugs.)
volltoll -- Mittwoch, 10.8.2022, 21:28
Re: drum (ugs.)
Pumene -- Mittwoch, 10.8.2022, 21:55
Re: drum (ugs.)
Julian von Heyl -- Mittwoch, 10.8.2022, 22:08
Re: drum (ugs.)
Pumene -- Mittwoch, 10.8.2022, 22:11
Re: drum (ugs.)
Pumene -- Freitag, 12.8.2022, 15:09
Re: drum (ugs.)
volltoll -- Freitag, 12.8.2022, 16:16