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Abtönungspartikel „doch“
Autor:volltoll
Datum: Sa, 01.04.2023, 16:15

> Sie meinte auch, das könne man getrost überall streichen. Aber ich finde, dann
> klingen die Sätze teilweise seltsam.

Dass die Sätze seltsam klingen, wenn man jedes Mal auf „doch“ verzichtet, liegt darin begründet, dass die Modalpartikel/Abtönungspartikel „doch“ verschiedene Bedeutungen hat, vor allem in der gesprochenen Sprache.

Wie auch der Grammatik-Duden (Randnummer 875) ausdrücklich festhält:

Erst in den letzten Jahrzehnten sind die Abtönungspartikeln ins Interesse der Sprachwissenschaft gerückt. Abtönungspartikeln kommen besonders häufig in der gesprochenen Sprache vor und sind dort keineswegs, wie früher angenommen, unnütze Füllwörter. Sie drücken sehr differenziert Einstellungen, Annahmen, Bewertungen und Erwartungen des Sprechers bezüglich des geäußerten Sachverhalts, teilweise auch seine Erwartungen an den Hörer aus. Abtönungspartikeln beziehen sich auf den gesamten Satz. (…)

Die Modalpartikel „doch“*:

- formuliert Vorschläge höflicher
- drückt Erinnerungen aus
- zeigt die eigene Ungeduld
- drückt eine Unsicherheit aus
- drückt Ärger aus
- etc. (weitere Bedeutungen kommen hinzu)

* Quelle: https://dein-sprachcoach.de/das-kleine-und-ganz-besondere-wort-doch

Auf deine Beispiele angewandt:
In Du weißt doch, ich gehe früh schlafen und Na ja, du kennst mich doch nimmt die Modalpartikel „doch“ Bezug auf das Vorwissen des Hörers: Der Hörer müsste zwar bereits wissen, dass der Sprecher zum Beispiel früh schlafen geht, wird aber noch einmal daran erinnert. Durch „doch“ drückt der Sprecher eine Erinnerung aus.

Wie differenziert die Funktion von Modalpartikeln sein kann, erkennt man an der Betonung, so wie dies auch in deinem Beispielsatz Ich habe es dir doch gesagt der Fall ist.

Mit (unbetontem) „doch“:
Auch hier wird der Hörer noch einmal daran erinnert.
Ich habe es dir doch gesagt. (Wie du wissen solltest.)

In einem anderen Kontext bringt der Sprecher gegenüber dem Hörer seinen Ärger / sein Genervtsein lautstark zum Ausdruck, wenn die beiden vorher unterschiedlicher Meinung waren und wenn sich die Meinung des Sprechers als richtig herausgestellt hat. (Man beachte hier das Ausrufezeichen.) Hier ist „doch“ betont:
Ich habe es dir doch gesagt! (Siehste mal!)

Die Modalpartikel „doch“ drückt nicht nur Erinnerungen und Ärger, sondern auch Entsetzen aus wie in diesem Fall:
Das ist doch nicht dein Ernst!

Ergo:
Modalpartikeln wie „doch“ sind – wie der Duden schon sagt – „keineswegs unnütze Füllwörter“, sie haben in der gesprochenen Sprache oder auch in Dialogen, die zum Beispiel in Kurzgeschichten vorkommen, durchaus ihre Berechtigung.

Aus meiner ganz persönlichen Sicht:
Bei schriftlicher Korrespondenz mit mir vertrauten Personen ist der Einsatz von Füllwörtern für mich absolut wichtig. Die Partikeln zeigen die jeweilige Stimmung (z. B. Ratlosigkeit, Freude, Nachdenken, Bestürzung) an und heben sich von der Sachlichkeit „normaler“ Texte ab.

Das Ganze erinnert ein bisschen an Smileys, die ebenfalls Gefühlszustände und Stimmungen ausdrücken:
Für mich sind Modalpartikeln die Emojis von heute – Zeichen der nonverbalen Kommunikation😉.

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