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Tückischer Sonderspezialfall mit Konjunktiv
Autor:Bärbel
Datum: Mi, 01.06.2022, 09:17

Hallo Lieblingslektorat,

noch einmal vielen Dank für die Hilfe bei meiner letzten Frage, eigentlich war es ja nur Pumene, die geholfen hat, wie immer an vorderster Front mit ihrem großen Wissen.

Doch nun könnten wir an unsere Grenzen stoßen, denn ich habe einen womögliches Sonderszenario in der deutschen Sprache gefunden, die so selten bestimmt nur vorkommt, dass es noch gar keine Regeln hierzu gibt? Es ist wirklich spannend!

Also:

1. Der Kakadu lüftete seinen schönen Schwanz und stellte seine Haube auf. Sie war beige, denn er war ein Beigehaubenkakadu. Heute würde ein schöner Tag werden, da war er sich sicher. Dann aber kam Gaby herein und berichtete ihm Schreckliches: Nebenan zogen Nachbarn mit einem autistischen Baby ein! Und dem Kakadu war es wohl bekannt, dass autistische Babys mehr schrien als normale Babys. Er verzweifelte sehr, sein Herz füllte sich mit Kummer; o, die Zeiten der Stille waren nun vorbei, sein Leben schon bald anheim fiel dem ewigen Lärm. "Fremde sind Feinde, die man nur noch nicht kennengelernt hat" – das war eine Ansicht, die er schon in Welpenjahren vertrat. Und jetzt ein autistisches Schreibaby? Das Leben strafte ihn sehr - und er schämte sich für Gaby, dass sie so arm war, mit ihm in einem Dreiparteienhaus leben zu müssen. In den Hörbüchern die er hörte, lebten alle normalen Menschen in großen Herrenhäusern mit großen Grundstücken und wurden bedient von dienstbeflissenen Afroamerikanern. Vom Winde gedreht war so ein Hörbuch. Mit der guten Scarlett und dem guten Rhett. Oder Onkel Toms Hütte. Wobei Onkel Toms Hütte doch schrecklich sehr auf die Tränendrüse drückte; wahrlich, Kitsch erkannte der Kakadu sofort. Dann gab es noch Roots und Dackeln im Sturm. Das waren anständige Hörbücher in denen die Menschen in sittsamen Verhältnissen lebten. Sprich Herrenhaus. "Herrenhaus!", schrie er Gaby bisweilen an, "Scarlett und Rhett", schrie er", die hätten nie in einem Dreiparteienhaus gewohnt! Niemals!" Doch Gaby erwiderte, dass ein Herrenhaus zu teuer sei, sie nicht einmal das Geld für einen Neger hätten. Der Kakadu schimpfte sie aus für dieses böses Wort. "Sowas sagt man nicht", sagte der Kakadu und senkte beschämt den Blick. Gaby aß ein Butterplätzchen. Auch sie war beschämt.
"Frau Müller von oben", sagte Gaby schließlich, "ist auch nicht glücklich über das Baby. Als ich sah, wie Frau Müller von dem Baby hörte, musst ich wirklich glauben, ihre Verzweiflung ließe/ließ/lasse sie schwindeln."
Der Kakadu nickte anteilnehmend. "Die Brut des Böses naht schon bald", sagte er mit prophetischer Stimme, seine Augen funkelten schwarz. Dann aß auch er ein Butterplätzchen. Draußen flog eine Möwe durch das Dickicht der Bäume. "Wenigstens Bäume", dachte er, "gibt’s in diesem Elendsviertel."

= soweit ... es geht hier um das "ließe". Ich bin nämlich verwirrt. Ist das mit Frau Müller nun Wiedergabe von wörtlicher Rede als Konjunktiv 1 "lasse", oder doch "ließ" oder "ließe". Was ist nun richtig? Ich bin wirklich so verwirrt. Auf der einen Seite ist es irgendwie direkte Rede, dann aber Wiedergabe von Rede, dann eine Möglichkeitsform mit Irrealis weil Frau Müller ja nicht wirklich schwindelte ... es ist soooo schwer.

Übrigens, mir geht es nur um das ließe. Den Rest braucht ihr nicht korriegiren, weil es erst die vierte Fassung ist und somit noch nicht final fertig. Macht euch keine Mühen, die nicht notwendig sind.

In diesem Sinne ... schöne und dankbare Grüße
Eure Bärbel.

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Beiträge zu diesem Thema

Tückischer Sonderspezialfall mit Konjunktiv
Bärbel -- Mittwoch, 1.6.2022, 09:17
Nachtrag
Bärbel -- Mittwoch, 1.6.2022, 09:33
HILFE! PUMENE! HIIIIILFE !!
Bärbel -- Donnerstag, 2.6.2022, 10:54
Re: Tückischer Sonderspezialfall mit Konjunktiv
Pumene -- Donnerstag, 2.6.2022, 14:26