Weblog > Nachgefragt

anturnen und abtörnen

Der Begriff »antörnen« kann auf erotische Reize oder berauschende Mittel bezogen werden, wird aber gerne auch für alles Mögliche verwendet, was einen in Hochstimmung versetzt oder Objekt der Begierde ist: »Das neue Smartphone törnt mich ganz schön an!« Ähnlich sieht es mit dem Gegenteil »abtörnen« aus, das auch häufig als Partizip »abgetörnt« Verwendung findet.

Frage:
Schaut man im Duden genauer nach, wird man feststellen, dass der umgangssprachliche Ausdruck »an-/abtörnen« in zwei Schreibweisen verzeichnet ist: Neben »antörnen« und »abtörnen« finden wir auch »anturnen« und »abturnen«. Wo kommt der Ausdruck eigentlich genau her? Wann wurden diese Begriffe in den Duden aufgenommen? Und welche Form war zuerst da?
Julian von Heyl, korrekturen.de

Antwort:
Das englische Wort »turn«, das hier zugrunde liegt, kam erstmals als Substantiv in den Duden, und zwar schon 1941: Es bezeichnet eine Figur im Kunstflug. Daneben stellte sich 1980 eine eingedeutschte Version »Törn« mit einer anderen Bedeutung (Fahrt mit einem Segelboot).

Ebenfalls 1980 verzeichnet das Wörterbuch ein in den Siebzigerjahren aufgetauchtes hybrides Verb »anturnen« (in einen Rausch versetzen, heute auch: in gute Stimmung bringen), gebildet aus der deutschen Vorsilbe »an« und dem englischen Verb »to turn (on)«; es stammt aus der Hippie- und Drogenszene. Gleichzeitig berücksichtigt der Duden auch ein umgangssprachliches, mit dem deutschen Verb »turnen« gebildetes »anturnen«, das besonders in der Verbindung »angeturnt kommen« (herbeigelaufen kommen) verwendet wird.

Ähnlich wie bei den oben genannten Substantiven hat sich dann eine an die Lesart gebundene orthografische Differenzierung herausgebildet: Seit 1986 verzeichnet der Duden die Variante »antörnen« für das entsprechend gesprochene Verb, seit 1991 wird diese Form als Haupteintrag geführt. Es ist bemerkenswert, dass hier auch in jüngerer Zeit einmal ein Fremdwort mit englischer Wurzel in der Schreibung ins Deutsche integriert wurde.

Analog dazu haben wir dann das Gegenwort »abtörnen/abturnen« behandelt, das 2006 in den Duden kam.
Dr. Werner Scholze-Stubenrecht, Leiter der Dudenredaktion

Julian von Heyl am 05.12.13
Visits: 40529

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommmentar

Daten merken?   Ja   Nein

 Bei Antworten auf meinen Kommentar benachrichtigen