Obgleich die Vorständin als weibliche Form zum Vorstand schon länger im Duden verzeichnet ist, wirkt diese Bezeichnung auf viele befremdlich – und wird von Sprachhütern teils vehement abgelehnt. Wir werfen einen kurzen Blick auf die Begriffsfamilie rund um den Vorstand.
Nicht nur die Gästin erregt so manche Gemüter, auch die Vorständin hat unter Akzeptanzproblemen zu leiden. Dabei wurde es rein von der Sache her Zeit für sie: Auch ohne Quotenzwang bemühen sich viele Firmen, zwecks gelebter Diversität den weiblichen Anteil ihrer Belegschaft zu steigern – auch und gerade in der Führungsriege. Speziell bei börsennotierten Unternehmen unterteilt sich die Führung hierbei in Vorstand und Aufsichtsrat, wobei wir mit dem auf die gleiche Weise konstruierten Femininum Aufsichtsrätin deutlich weniger fremdeln.
Beim Begriff Vorstand fällt zunächst die homonyme Verwendung auf: Wir gebrauchen das Wort für das gesamte Gremium ebenso wie für ein Mitglied dieses Gremiums. Zurückzuführen ist der Begriff auf das Präfixverb vorstehen: Jemand, der einer Sache vorsteht, sie also leitet oder repräsentiert, war zunächst ein Vorsteher oder eine Vorsteherin – besonders in Komposita wie Bahnhofsvorsteher oder Schulvorsteher ist diese Bezeichnung noch geläufig. Bereits im 16. Jahrhundert fasste man die Gesamtheit der Vorsteher im Sammelbegriff Vorstand zusammen, was zunächst für Vorsitz stand – wobei man hier interessanterweise nur selten vom Vorsitzer oder von der Vorsitzerin spricht (beides sind aber orthografisch korrekte Begriffe), sondern die adjektivische Substantivierung der/die Vorsitzende bevorzugt.
Im 17. Jahrhundert vollzog sich ein Bedeutungswandel; der Vorstand (im Sinne der Person) war nun der Bürge oder Verteidiger. Erst seit dem 19. Jahrhundert gebrauchen wir Vorstand im heutigen Sinne von Vorstandsmitglied. Es erscheint plausibel, dass diese etwas verschlungene Etymologie – Ableitung der Mitgliedsbezeichnung aus einer Gremiumsbezeichnung, die wiederum aus einer Tätigkeitsbezeichnung abgeleitet wurde – ihren Teil dazu beiträgt, dass die Vorständin noch fremd in unseren Ohren tönt. Schon allein der Drang zur Sprachökonomie wird aber sicher dafür sorgen, dass dem bald anders sein wird. Rein formal handelt es sich um eine ebenso natürliche Ableitung wie Rätin zu Rat. Dass manche die weibliche Form als gezwungen oder gar oktroyiert empfinden, ist wohl schlicht darauf zurückzuführen, dass die Vorständin in unserem lebendigen Sprachschatz noch recht neu ist.
1 Jörg Dahlmann
Das die weibliche Form Vorständin abgelehnt wird, liegt wohl eher daran, das es völlig ungewöhnlich ist einzelne Personen als Vorstand zu bezeichnen. Der Vorstand definiert sich doch aus einer Gruppe Personen, die unterschiedliche Funktionen haben. Spricht man von einer einzelnen dem Vostand zugehörigen Person, ist es eben geschlechtsneutral das Vorstandsmitglied, oder der Funktion entsprechend die Vorsitzende, der Schriftführer o.ä.
Als Obmann in einem Kleingartenverein würde ich mich niemals als Vorstand vorstellen, das käme mir anmaßend vor, immer als Vorstandsmitglied oder Obmann.
Ähnlich ist es doch auch bei dem Wort der Verein, als Weibliches Vereinsmitglied sagt man auch nicht die Vereinin.
2 Axel Hagemann
Obmännin, da lässt sich die gendernde Vergewaltigung der Sprache kaum noch überbieten. "Vorständin" kommt dem recht nah.
Der Mensch, ob weiblich oder männlich, bleibt ein Mensch, obwohl doch sehr unterschiedlich. Solange eine Bezeichnung anonym bleibt, war es kein Problem, es bei Position oder Funktion zu belassen. "Frau .... ist Vorstand", auch das müsste man nicht verbiegen, wenn man DIE Vernunft walten ließe.
"Frau Bundeskanzlerin Doktorin Merkel", Frau Merkel ist Kanzler und hat einen Doktortitel, ist Doktor rer. nat.- wo ist das Problem? Alles künstlich.
3 Philipp Barth
Ich dachte eigentlich sofort an "Obfrau".
Kurz im Duden online nachgesehen
- tatsächlich, mit der Idee war ich wohl nicht alleine.
4 Tracy
Vorständin ist richtig und auch wichtig. Niemand käme auf die Idee alles in weiblicher Form zu schreiben und den Männern zu sagen:"ach, ihr seid doch mitgemeint- jetzt stellt euch nicht so an." Wenn ich als Frau nicht einmal persönlich mit meiner Qualifikation angesprochen werde,dann möchte ich Männer auch nicht mehr damit anreden. Man(n) sieht doch selbst, wie empfindlich Männer auf die sogenannte "Mütterrente" reagieren- von Forderung nach Abschaffung, weil es angeblich ja nur den Müttern zukommt,verunglimpfung und Hetze- alles schon im Netz gefunden. Sprache ist Macht- und diese Macht versuchen Männer zu verteiligen. Als Frau finde ich es schon interessant, dass Männer Sturm gegen eine genaue Bezeichnung von Frauenpositionen laufen. Wahrscheinlich wird es nur helfen, wenn alles in der weiblichen Form geschrieben wird, bevor sie begreifen, wie ausgrenzend so etwas ist.
5 Tomasina
Meine Position als Frau ist folgende: es ist einfach nur affig und unfassbar nervig! Menschen, die auf sowas Wert legen oder irgendwelche Diskriminierungsemotionen dabei empfinden - haben meines Erachtens gaanz andere Probleme mit sich selbst und eigenen Selbstwertgefühl. Und wenn ich an diese grenzwertige HU Berlin ForscherIN Lann Hornscheidt denke, die man kaum als Frau bezeichnen kann, die dafür Forschungsgelder bekommt um die Deutsche Sprache zu verunstalten und sich selbst Professix und ihre Stundenten Studentix nennt - da kann man nur mit dem Kopf schütteln und eine Therapie empfehlen...
Viele Grüsse aus Berlin
6 Jörg Dahlmann
@ Tracy
Ich weiß ja nicht mit was für Männer Du dich umgibst, daß Du eine solche Einstellung erlangst. Ich für meinen Teil, finde die Gleichstellung der Frau richtig und auch wichtig. Aber wie ich oben schon sagte, kenne ich den Begriff Vorstand nur als Bezeichnung für eine Gruppe, oder besser Gremium, nicht als Einzelperson. Daher käme ich nie auf die Idee Herr oder Frau Vorstand zusagen sondern nur Vorsitzende/Vorsitzender (und bitte nicht Vorsteher/in, die findet man am Bahnhof). Es fühlt sich für mich einfach falsch an, eine einzelne Person als Vorstand anzusprechen. Das ist vielleicht vergleichbar mit dem Bundestag, die dortigen Abgeordneten würde man auch nicht mit Herr Bundestag ansprechen und erst Recht nicht mit Frau Bundestägin. Da beides zusammengesetzte Nomen sind kann auch nicht das Vorstand sagen. Aber warum heißt es überhaupt der Tag, aber die Stunde, die Minute, die Sekunde. He Moment mal, da ist das Maskulin aber benachteiligt ;-)
Allerdings sollte eine Doktorin auch als solche angesprochen werden und nicht als Frau Doktor, das hört sich so an als meine man die Frau des Doktor.
Hier, in den Kommentaren zu Vorstand/ Vorständin, läuft niemand Sturm gegen weibliche Berufsbezeichnungen, sondern gegen die Verwendung des Wortes Vorstand bei Einzelpersonen. Mir würde es aber genauso wenig gefallen wenn jemand vorschlagen würde es heißt jetzt der Sonne und die Mond weil man sich den Europäischen Nachbarn anpassen will und somit Sprachbarrieren abbauen will. Die letzte Reform hat da schon genug Chaos angerichtet und in Ohren, die schon seit einem halben Jahrhundert die Sonne gehört haben, hört sich das einfach doof an.
Wie Herr Hagemann schon schrieb, die Vernunft wallten lassen.
Grüße aus dem Bergischen
Jörg
PS Es gibt halt auch Bezeichnungen die sind Geschlechtsneutral und nur durch den Artikel zu unterscheiden.
7 Mark
"Stand" bezeichnet normalerweise keine Person. Das grammatische Geschlecht ist eben zufällig männlich. "Person" ist weiblich, interessiert mich auch nicht weiter. Mein Steuerberater bezieht sich mit "meine Mandantin" auf mich ("die Firma"). Wie schlimm das alles ist...
8 Bodo Schliefke
Das vom Verb „stehen“ abgeleitete Substantiv ist „Stand“, also wäre es nur grammatikalisch richtig für „vorstehen“ den „Vorstand“ abzuleiten. Ich denke, dass man man sich deshalb hauptsächlich schwer mit dem Genderwort „Vorständin“ tut. Bei der Bewertung des Problems ist jedoch zu beachten, dass „Stand“ nicht gegendert werden müsste, da es sich dabei nicht wie bei „Vorstand“ um eine Person oder Personengruppe handelt. Es wäre jedoch richtig, das Wort „Vorständin“ für die Vorstandsmitglieder anzuwenden, obwohl die meist fehlende Akzeptanz dafür aus instinktivem grammatikalischen Verständnis heraus nachvollziehbar ist.
Im Übrigen: der Kommentar zum „Obmann“ mit dém Hinweis auf „Obfrau“ hat mich sehr amüsiert,
9 Karl Mantel
.
Gut dann sag ich jetzt auch
die Vereinin, der Vereiner
die Behördin, der Behörder,
die Gruppin, der Grupper,
10 Katja G.
Mir dünkt, der ein oder andere hat den Artikel nicht korrekt gelesen. Ursprünglich, war das Gremium gemeint, in heutiger Verwendung meint es eben auch zunehmend die Einzelperson und da gilt es zu differenzieren. Es gibt den/die Finanzvorstand/vorständin, den/die Personalvorstand/vorständin etc. und dahinter steht eine Person eines Geschlechts und eben nicht das gesamte Gremium. Durch Sprache entstehen Bilder und dies vor allem schon zu Beginn des Spracherwerbs. Ich möchte meinen drei Söhnen nicht erklären müssen, warum ich als Frau den Männer-suggerierenden Titel Finanzvorstand trage, wenn es die Finanzvorständin, wie die Ärztin, Richterin und Rätin genauso gibt und eine Verwendung mehr als logisch, ja nennen wir es gern gerecht, erscheint. Warum soll ich erklären, dass dies so schwierig ist, nur weil es für viele ungewohnt und unbequem erscheint? Das lädt ja quasi die Diskriminierung direkt in unser Haus ein und zwar von Anfang an. Punkt.
11 Ingrid S.
Unser nur aus Frauen bestehender Vorstand wurde kürzlich mit
"An die Vorständinnen" angeschrieben. Aus einem geschlechtslosen Gremium wurden Einzelpersonen gemacht. Vorständinnen? Wir haben aber nur einen und nicht mehrere...
Bin ich als Einzelmitglied eines Vorständes nun eine Vorständin? Was für mich widerum klingt, als würde ich alleine den Vorstand bilden.
Wenn eine Einzelperson einen entsprechende Posten inne hat sollte es natürlich selbstverständlich sein, die korrekte Anrede m/w zu benutzen. Und ich habe auch verstanden, dass eine gender-sensibele Sprache wichtig ist. Aber Vorständinnen?
Da frage mich auch, wie ein gemischter Vorstand in Zukunft genannt werden soll. "Vorständinnen und ......?
12 Bille
Worüber diskutieren wir hier eigentlich? Ich bin gelernte Bankkauffrau, ganz klar kein gelernter Bankkaufmann, da ich nun mal eine Frau bin und ich bin Vordtandsvorsitzende, aber sicherlich keine Vorständinnenvorsitzende...da kräuseln sich mir die Füßnägel.Es ist, wie oben mehrfach erwähnt, ein Gremium und dieses Gremium besitzt Mitglieder, die gerne mit ihrer Position im entsprechenden Geschlecht, alternativ neutral, benannt werden dürfen und sollen. Selbst wenn es zehn mal im Duden steht, es wird nicht besser, schließlich sitzen dort auch nur Menschen mit Befindlichkeiten im Entscheidungsgremium. Die wunderbare deutsche Sprache wird nicht besser, nur weil wir meinen alles und jedes übergendern zu müssen, man verhunzt sie einfach nur. Manche Dinge sind auch ob eines maskulinen Artikels dennoch Neutren. Der Frosch ist ein Frosch, davon gibt es -weibchen und -männchen. Ganz einfach.
13 Daniel B
Das Gendern f
14 Thomas
Es ist schade, dass sich ein so wichtiges Anliegen wie die Gleichberechtigung der Geschlechter durch unreflektierte Worterfindungen lächerlich macht. Man muss sich immer vorher überlegen, welche genaue Bedeutung sich hinter einem Wort verbirgt, bevor man daran rumbastelt. Für mich heißt es ganz klar: der Obmann/die Obfrau, der Hauptmann/die Hauptfrau (auch wenn es der Bundeswehr nicht gefällt), der Kaufmann/die Kauffrau. Aber Vorstand, Verein, Volk, Gewerkschaft etc. sind Gremien und keine Personen und sind daher von vornherein geschlechtslos. Man würde ja auch nicht sagen "die Chefetagin" wenn auf diesem Stockwerk nur eine weibliche Führungskraft residieren sollte.
15 Alf
Mir scheint, der Großteil der Kommentare geht nicht auf die Erklärung ein, sondern schreibt einfach aus dem Bauch heraus irgendwelche Gefühlsduseleien.
Es gibt durchaus Einzelpersonen in Vorständen, die spezielle Funktionen beinhalten. Diese gendergerecht zu bezeichnen, darum geht es.
Beispiel: Eine Person, die in einem Verein für die Finanzen zuständig ist, wird, falls männlich, als der Finanzvorstand bezeichnet, falls weiblich, die Finanzvorständin.
Was ist daran so schwierig?
Im Rathaus sitzen schließlich Frau Baurätin und Herr Schulrat.